Die Illustration zeigt zwei Forschende, die auf das Standardmodell der Teilchenphysik, schauen.
Illustration: Laura Vogiatzis

10 Jahre Higgs Am 04. Juli 2012 wurde die Entdeckung des Higgs-Teilchens verkündet. Aber auch heute – zehn Jahre nach der Entdeckung – bleibt die Erforschung des Higgs und seiner Rolle im Universum ein bedeutsames Forschungsziel in der Teilchenphysik.

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Das Jubiläumslogo zum 10-jährigen Jubiläum der Higgs-Entdeckung.

Sensationen sind in der Wissenschaft selten – aber die Entdeckung des Higgs-Teilchens am Large Hadron Collider (LHC) war eine. „Ich glaube, wir haben es!“, freute sich der damalige CERN-Generaldirektor Rolf Heuer am 04. Juli 2012 vor laufenden Kameras im prall gefüllten Hörsaal. Die ganze Physikwelt feierte den Erfolg einer fast 50 Jahre langen, abenteuerlichen Suche. Aber mit der Entdeckung fing die Arbeit erst richtig an...

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Das Higgs-Teilchen und der Ursprung der Masse

Was macht dieses Teilchen so besonders? Es war das letzte noch fehlende Teil im Standardmodell der Teilchenphysik, dem fundamentalen Regelwerk der kleinsten Bausteine der Materie, das alle Eigenschaften dieser Bausteine und die Kräfte, die zwischen ihnen wirken, beschreibt. Im Jahr 1964 wurde das Higgs-Teilchen von Peter Higgs vorhergesagt als eine Anregung des Brout-Englert-Higgs-Feldes (BEH-Feld), benannt nach den drei theoretischen Physikern Peter Higgs, Robert Brout und François Englert, die es postuliert und erdacht haben. Dieses Feld verleiht allen anderen Teilchen ihre Masse. Kein Higgs – keine Welt, wie wir sie kennen.

Um zu verstehen, wie dieses Feld anderen Teilchen eine Masse geben kann, muss man sich vorstellen, dass das ganze Universum von eben diesem Feld durchzogen ist. Verschiedene Teilchen verhalten sich unterschiedlich im Feld: manche reagieren kaum bis gar nicht und fliegen einfach hindurch. Diese Teilchen nehmen wir als masselos oder zumindest sehr leicht wahr. Manche interagieren wiederum stark, sodass wir diese Teilchen als schwer wahrnehmen - sie haben viel Masse. 

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Hier sieht man einen Higgs-Zerfall. Das Bild zeigt ein Event-Display vom CMS-Experiment.
Foto © Thomas Mc Cauley | CMS collaboration

Detektivarbeit mit Teilchenspuren

Nur: wie findet man eigentlich Teilchen? Hier kommt der Large Hadron Collider ins Spiel. Der riesige Beschleuniger am Forschungszentrum CERN bei Genf schleudert Teilchen aufeinander, und hochkomplexe Detektoren zeichnen auf, was bei den Kollisionen passiert. Daraus können Wissenschaftler*innen, darunter sehr viele aus Deutschland, Rückschlüsse darauf ziehen, welche Teilchen es gibt.

Das Higgs-Teilchen selbst bleibt allerdings unsichtbar, weil es in Bruchteilen von Sekunden in andere Teilchen zerfällt. Nur diese Teilchen oder diejenigen, in die sie wiederum selbst zerfallen, sind in den Detektoren zu sehen. Diese riesigen Kameras machen bis zu 40 Millionen hochpräzise Bilder pro Sekunde, und ausgeklügelte Rechenvorgänge suchen daraus diejenigen heraus, auf denen interessante Teilchenspuren zu sehen sind. Erst als sie genug von diesen Bildern gesammelt und ihre Ergebnisse miteinander verglichen haben, waren die Forschenden sicher, dem Higgs-Teilchen auf die Spur gekommen zu sein.

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Higgs... und weiter?

Die Entdeckung vor zehn Jahren war allerdings erst der Anfang einer detaillierten Untersuchung des Higgs-Teilchens und der neuen Bereiche, die seine Entdeckung erschlossen hat. Mit seiner Hilfe bekommen die Forschenden eine ganz neue Sicht auf die Welt der kleinsten Teilchen. Einerseits überprüfen sie, ob das Higgs selbst den Vorhersagen des Standardmodells der Teilchenphysik entspricht oder Überraschungen in petto hat. Andererseits suchen sie auch nach Hinweisen auf neue, bisher unbekannte Prozesse. So könnte das Higgs zum Beispiel in Teilchen zerfallen, die im Detektor unsichtbar bleiben – das könnte die heißgesuchte Dunkle Materie sein. Andererseits könnten Zerfälle, die von der Theorie abweichen, neue Erklärungen für das Zusammenspiel von Teilchen und Kräften im Universum liefern – letzten Endes also über die Geschichte unseres Universums.

Allerdings steht die Forschung hier, trotz der zehn Jahre intensivster Untersuchungen und Analysen, noch fast am Anfang. Bisher hält sich das Higgs an seine Vorhersagen, was aber daran liegen könnte, dass für die seltenen Prozesse noch nicht genügend Daten vorliegen. Das wird sich ändern, wenn der Large Hadron Collider nach seiner Umbaupause wieder bei voller Leistung läuft, denn er wird dann noch mehr Daten als vorher produzieren. Das Fernziel der Physikwelt ist eine sogenannte „Higgs-Fabrik“, die die vom LHC aufgeworfenen Fragen und anskizzierten Antworten detailliert beantworten kann.

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Der ATLAS-Teilchendetektor wird modernisiert, um neue Messungen durchführen zu können.
Foto © Maximilien Brice | CERN

Mehr Daten für das Higgs

Nach einer über dreijährigen Umbaupause ist der Large Hadron Collider seit diesem Frühjahr wieder in Betrieb. Dank der Reparatur- und Umbauarbeiten am Beschleuniger soll er von nun an für noch höhere Kollisionsenergien und noch mehr Kollisionen sorgen. Auch die Detektoren, an denen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt beteiligen, haben während der Pause Upgrades bekommen und sind bereit für die Teilchen, die ihnen der Beschleuniger liefert.

"Das Higgs-Teilchen ist bei weitem das mysteriöseste aller Teilchen, die wir kennen", sagt Beate Heinemann, Professorin für Experimentelle Teilchenphysik an der Universität Freiburg und Direktorin für den Bereich Teilchenphysik bei DESY. "Wir haben zwar in diesen zehn Jahren schon wahnsinnig viel erfahren über das Higgs-Teilchen, aber benötigen wesentlich mehr Daten, um ein tiefes Verständnis seiner Rolle im Universum zu bekommen."

Neben den Rätseln, die das Higgs bereithält, versuchen die Forschenden auch der Dunklen Materie auf die Spur zu kommen, herauszufinden, wo die Antimaterie geblieben ist und wie unser Universum kurz nach dem Urknall ausgesehen hat.

 

 

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Happy Higgs Discovery Day

Physikalische Institute deutscher Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen organisierten anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Higgs-Entdeckung öffentliche Veranstaltungen. Rund um den 04. Juli 2022, den Jahrestag der Verkündung der Higgs-Entdeckung, konnte das Publikum bei Vorträgen, Ausstellungen oder Virtual Visits in die spannende Welt der Higgs-Forschung eintauchen und Einblicke in die wissenschaftliche Arbeit am Large Hadron Collider (LHC) und seinen Teilchendetektoren gewinnen.

Die folgende Galerie zeigt einige Impressionen von den Veranstaltungen, die anlässlich des Higgs-Jubiläums durchgeführt wurden. 

Vortrag am Max-Planck-Institut für Physik anlässlich Higgs10
Das Max-Planck-Institut für Physik organisierte gemeinsam mit dem Exzellenzcluster ORIGINS ein Abendprogramm mit Kurzvorträgen und weiteren spannenden Programmpunkten. Foto © MPP | Sorana Scholtes

Vortrag am Max-Planck-Institut für Physik anlässlich Higgs10
Das Max-Planck-Institut für Physik organisierte gemeinsam mit dem Exzellenzcluster ORIGINS ein Abendprogramm mit Kurzvorträgen und weiteren spannenden Programmpunkten. Foto © MPP | Sorana Scholtes

Posterausstellung an der RWTH Aachen anlässlich Higgs10
Forscher*innen präsentierten Poster und Exponate bei einer Ausstellung an der RWTH Aachen. Foto © Lutz Feld

Vortrag an der RWTH Aachen University
An der RWTH Aachen wurde in drei Kurzvorträgen über das Higgs und seine Bedeutung für die Forschung gesprochen. Etwa 200 Besucher*innen nahmen teil. Foto © Lutz Feld

Geburtstagskuchen mit Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar auf der IdeenExpo 2022
Geburtstagskuchen mit Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar und FSP-ATLAS-Sprecher Arnulf Quadt auf der IdeenExpo. Foto © Sebastian Wozniewski

Geburtstagskuchen für das Higgs-Teilchen
Anlässlich des Higgs-Jubiläums gab es auf der IdeenExpo Geburtstagskuchen. Foto © Sebastian Wozniewski

Die mobile Ausstellung „Urknall unterwegs“ an der TU Dresden
Die Pop-up Ausstellung „Urknall unterwegs“ auf dem Campus der TU Dresden ermöglichte den Besucher*innen eine Reise zur Entstehung des Universums. Foto © Philipp Lindenau

Vortrag anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Verkündung der Entdeckung des Higgs-Teilchens an der TU Dresden
An der TU Dresden nahmen etwa 200 Zuhörer*innen an den öffentlichen Abendvorträgen zur Entdeckung und Bedeutung des Higgs-Teilchens teil. Foto © Philipp Lindenau

Vortrag von Marc Wenskat auf der Hamburger Higgs10-Veranstaltung.
In Hamburg wurde mit Kurzvorträgen, einer Live-Schalte ans CERN und dem Film Particle Fever das Higgs-Jubiläum gefeiert. Foto © UHH | Quantum Universe | Walter

Professor Christian Schwanenberger hält einen Vortrag.
Professor Christian Schwanenberger moderierte die Hamburger Higgs10-Veranstaltung. Foto © UHH | Quantum Universe | Walter

Der britische Physiker John Ellis hält einen Gastvortrag an der Uni Siegen.
Anlässlich des Higgs-Jubiläums hielt der britische Physiker John Ellis einen Gastvortrag an der Universität Siegen. Foto © Carsten Schmale | Uni Siegen

Podiumsdiskussion zum zehnjährigen Jubiläum der Higgs-Entdeckung am KIT
In Karlsruhe lauschten verfolgten über 200 Gäste den Vortrag über die Higgs-Entdeckung von Professor Markus Klute. Eine anschließende Podiumsdiskussion rundete das Programm ab. Foto © KIT

In Mainz nahmen etwa 650 Zuhörer*innen an einem Vortrag von Professor Karl Jakobs teil.
In Mainz nahmen etwa 650 Zuhörer*innen an einem Vortrag von Professor Karl Jakobs teil. Foto © Uwe Feuerbach

Professor Jakobs hielt seinen Vortrag im Mainzer Staatstheater im Rahmen der etablierten Veranstaltungsreihe "Physik im Theater".
Professor Jakobs hielt seinen Vortrag im Mainzer Staatstheater im Rahmen der etablierten Veranstaltungsreihe "Physik im Theater". Foto © Uwe Feuerbach

Unter dem Motto „Kleine Forscher entdecken das Higgs Boson“ erkundeten in Bonn rund 20 Vorschulkinder anhand von kleinen Experimenten zur Teilchenphysik was es mit dem Higgs Boson auf sich hat.
Unter dem Motto „Kleine Forscher entdecken das Higgs Boson“ erkundeten in Bonn rund 20 Vorschulkinder anhand von kleinen Experimenten zur Teilchenphysik was es mit dem Higgs Boson auf sich hat. Foto © Universität Bonn

In Bonn hörten ca. 200 Gäste gespannt den Abendvortrag von Dr. Christian Grefe und Lena Herrmann, die live aus dem ATLAS Kontrollraum dazugeschaltet wurde. Abgerundet wurde das Programm von verschiedensten Laborführungen im kürzlich erbauten Forschungs- und Technologie-Zentrum Detektorphysik.
In Bonn hörten ca. 200 Gäste gespannt den Abendvortrag von Dr. Christian Grefe und Lena Herrmann, die live aus dem ATLAS Kontrollraum dazugeschaltet wurde. Abgerundet wurde das Programm von verschiedensten Laborführungen im kürzlich erbauten Forschungs- und Technologie-Zentrum Detektorphysik. Foto © Universität Bonn